Autistische Kinder haben das gleiche Recht auf Beschulung und Bildung wie nicht-autistische Kinder. Auch für autistische Kinder gilt die Schulpflicht und das Menschenrecht auf Schule und qualitativ hochwertige Bildung. Ein relevanter Anteil autistischer Kinder kann im normalen Klassenverband lernen. Wenn die Beschulung scheitert, liegt das Problem nicht beim autistischen Kind oder dessen Eltern, sondern eher an falschen Rahmenbedingungen, dem Infragestellen der Diagnose, das Verweigern von Nachteilsausgleichen, einer Schuldzuweisung an die Eltern und ihre Erziehung, an einer fehlenden Kommunikation mit den Eltern und zuständigen Stellen, an einer mangelhaften Aufklärung des Lehrkörpers und etwaigen Einzelfallhelfenden oder an einer einseitigen Perspektive auf das Thema.
Eine Überlastungs- und Überforderungssituation der Erziehungsberechtigten sowie der Kinder kann unter Umständen dazu führen, dass die Kinder und Jugendlichen in Obhut genommen werden müssen. Insbesondere stationäre Heimunterbringungen sind nicht nur kostspielig, sie sind für autistische junge Menschen aufgrund des abrupten Wechsels der vertrauten Umgebung eine besonders schlimme Erfahrung. Eine teilhaberechtliche autismusspezifische Assistenz zur Teilhabe an Bildung würde diese Kosten deutlich reduzieren.
Auch kann durch die Einrichtung von Kleinklassen Autismus Abhilfe geschaffen werden. Denn Kleinklassen Autismus benötigen einen Raum für maximal sieben Kinder. Die kleine Anzahl der Kinder ermöglicht eine bessere Beschulung durch eine autismusfreundliche Organisation(sstruktur) am Beschulungsort (z.B. andere Pausenzeiten, sowohl innen als auch im Außengelände, akustische Anpassungen im Gebäude, Visualisierung, autismusfreundliche Rahmenbedingungen, Anpassung des Umfeldes an die Kinder u.W.). Eine Konkurrenzsituation zu nicht-autistischen Kindern entsteht nicht, da autistische Kinder beschult werden müssen, ihnen die Beschulung aber versagt wird. Sie sind in den Gesamtkapazitätsberechnungen einkalkuliert. Es geht um die Umsetzung der Schulpflicht auch für autistische Kinder, wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist.
Daher haben wir das Bezirksamt ersucht die Zahlen zu autistischen Kindern in Marzahn-Hellersdorf zu erheben, die derzeit nicht oder verkürzt beschult werden. In die Bedarfserhebung sind alle Fälle von verkürzter oder gar keiner Beschulung einzubeziehen, die nach §63 Abs. 2 oder nach §41 Abs. 3a Berliner Schulgesetz (SchulG Berlin) entschieden wurden. Es sind ausschließlich Kinder zu erfassen, die eine psychiatrische Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung erhalten haben – unter Wahrung der Kombinationsgebote und -verbote bei Förderschwerpunkten.
Die Bedarfserhebung ist regelmäßig zu wiederholen und in Kooperation mit
- dem Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ) Marzahn-Hellersdorf,
 - dem Teilhabefachdienst Jugend,
 - dem Regional-Sozialpädagogischen Dienst (RSD) und
 - der Schnittstelle Schule und Jugend in der Verwaltung des Jugendamtes
 
durchzuführen, um die Perspektiven und Erfahrungen in Zuständigkeit und Umsetzung der jeweiligen Fachgebiete der Ämter einzubeziehen.
Das Bezirksamt wird außerdem ersucht mögliche weitere Maßnahmen zur Prävention von Schulzeitverkürzungen oder Schulausschluss autistischer Kinder aus den Ergebnissen der Bedarfserhebung und Begründung entsprechender Maßnahmen von Seiten der Schulen abzuleiten. Die Ergebnisse der Bedarfserhebung sind nach den Kriterien 1) keine Beschulung, 2) verkürzte Beschulung und 3) Versagung von ergänzender Förderung und Betreuung/Hortunterbringung zu differenzieren und mögliche weitere Maßnahmen zur Prävention sind den zuständigen Ausschüssen Kinder- und Jugendhilfe sowie Schule und Sport vorzustellen.
Auf Grundlage der Ergebnisse der Bedarfserhebung wird das Bezirksamt ersucht „Kleinklassen Autismus“ für die Beschulung von autistischen Kindern in Marzahn-Hellersdorf einzurichten, die nicht im regulären Klassenverband staatlicher Schulen beschult werden können.
Die Kapazitäten der Marzahn-Hellersdorfer Schulen sind zu prüfen und die Kleinklassen Autismus vorzugsweise in den Räumlichkeiten der Schulen einzurichten. Sollten nicht ausreichend Kapazitäten vorhanden sein, ist die Kooperation mit freien Trägern von Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, Kindertagesstätten und Kinderläden sowie weiteren möglichen Institutionen zu suchen, die eine Kleinklasse räumlich aufnehmen können. Auch Räumlichkeiten bezirkseigener Liegenschaften sind auf Verfügbarkeit zur Beschulung autistischer Kinder zu prüfen und zu nutzen.
Das Berliner Schulgesetz verpflichtet die Schulen dazu bestmögliche Lernvoraussetzungen für alle Schülerinnen und Schüler zu schaffen. Daraus entsteht für die Schulen ein Anspruch auf entsprechende Ressourcen in der Zumessung von Lehrkräften und pädagogischen Personal. Das Bezirksamt wird deshalb weiterhin ersucht sich gegenüber der Landesebene bzw. der Berliner Schulaufsicht dafür einzusetzen, ggf. notwendige zusätzliche Bedarfe der Schulen abzudecken.



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