Wie geht es den Teilhabefachdiensten Jugend und Soziales?

Unsere Bündnisgrüne Verordnete Chantal Münster hat sich beim Bezirksamt erkundigt, wie die Teilhabefachdienste in Marzahn-Hellersdorf derzeit aufgestellt sind und wieviele Stellen noch besetzt werden müssen.Frage 1: Wie viele Stellen sind im Teilhabefachdienst Jugend (THFD Jug) und im Teilhabefachdienst Soziales (THFD Soz) besetzt bzw. unbesetzt?

THFD Soz
Der THFD Soz verfügt aktuell über 65 Stellen, davon sind 8 derzeit unbesetzt.

THFD Jug

  • derzeit 6 von 7 Stellen besetzt
  • 1 Stelle Leitung/Koordination (besetzt)
  • 3 Stellen Leistungskoordination (zwei Stellen besetzt, eine Stelle unbesetzt)
  • 3 Stellen Teilhabeplanung (zwei Stellen besetzt + eine Stelle Mutterschutz/ Elternzeit besetzt – bisher ohne Elternzeitvertretung bis voraussichtlich April 2024)

Frage 2: Wie teilt sich die Anzahl der Mitarbeitenden jeweils auf Eingangsmanagement, Leistungskoordination und Teilhabeplaner*innen im THFD Jug und THFD Soz auf?

THFD Soz

  • Führungsteam: 6 Stellen (1 FBL, 4 TL, 1 Koord) – vollständig besetzt
  • 10 Stellen Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB XII – 1 unbesetzt
  • 16 Stellen Leistungskoordination – 1 unbesetzt
  • 33 Stellen Teilhabeplanung – 6 unbesetzt, aber bereits im Besetzungsverfahren

THFD Jug

  • 3 Stellen umfassen die Leistungskoordination/Eingangsmanagement für Leistungen nach dem SGB IX, SGB XII und LPfGG
  • 3 Stellen umfassen die Teilhabeplanung/Eingangsmanagement für Leistungen nach dem SGB IX (davon eine Stelle Mutterschutz/Elternzeit)

Frage 3: Wie stark ist der Austausch mit den Teilhabefachdiensten der anderen Berliner Bezirksämter gewährleistet und wie gestaltet er sich?

THFD Soz

Der Austausch mit den THFD findet regelmäßig berlinweit und im monatlichen Wechsel – entweder als Fachaustausch der Teilhabefachdienste untereinander oder als Arbeitsgruppe unter Federführung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit, und Soziales – statt. Des Weiteren finden zentrale Schulungen an der Alice-Salomon-Hochschule für die Teilhabefachdienste Berlins statt, bei welchen sich die Mitarbeitenden der Bezirke untereinander austauschen. Weiterführend organisiert die Sen IAS Veranstaltungen zu Fachthemen in unterschiedlichem Format.

THFD Jug

  • Siehe THFD Soz sowie
  • Durch Netzwerk Leistungskoordination (alle 6 Wochen)
  • Durch Jour Fixe und Praktiker/innen-Netzwerk der Teilhabefachdienste Jugend und der freien Träger der Eingliederungshilfe und Kinder- und Jugendhilfe Berlin (organisiert vom SFBB – ca. 6 Mal im Jahr)

Frage 4: Wie viele Fälle bearbeitet eine Leistungskoordination und ein*e Teilhabeplaner*in durchschnittlich?

THFD Soz
Durchschnittliche Bearbeitung ohne neue Fälle:

  • 1 VZÄ Sachbearbeitung SGB XII: 241 laufende Vorgänge zzgl. Neuanträge
  • 1 VZÄ Leistungskoordination: 181 laufende Vorgänge zzgl. Neuanträge (ca. 20)
  • 1 VZÄ Teilhabeplanung: 100 laufende Vorgänge zzgl. Neuanträge (ca. 15)

Im Bereich des SGB IX (Leistungskoordination und Teilhabeplanung) wurden insgesamt ca. 350 Neuanträge ermittelt.

THFD Jug

  • Leistungskoordination ca. 154 Fälle
  • Teilhabeplanung ca. 105 Fälle

Frage 5: Wie wird das TIB (Teilhabeinstrument Berlin) angenommen bzw. welche Rückmeldungen dazu gibt es? Gibt es hier Unterschiede in den jeweiligen THFD Soz und Jug?

THFD Soz

Es finden bisher überwiegend nur Rückmeldungen von Dritten statt: Die Leistungserbringer sehen dies äußerst positiv, weil auch ein enger Austausch mit den Leistungserbringern stattfindet, bezüglich der Klienten finden gegenüber dem Teilhabefachdienst nur sporadische persönliche Rückmeldungen statt. Der Personenkreis der Eingliederungshilfe ist oftmals von psychischen und/oder geistigen Behinderungen bedroht oder betroffen und in der Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt.

Es wird aber davon ausgegangen, dass es überwiegend positiv aufgenommen wird, da eine enge und zugewandte Zusammenarbeit zwischen den Teilhabeplanenden und antragstellenden Personen stattfindet.

Derzeit (von 03-05/23) erfolgt eine wissenschaftliche Auswertung bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und (Klienten sollen sich


freiwillig dazu äußern).

Bezüglich der direkten Anwendung des Dokuments TIB und daraus folgender Dokumente (Ziel- und Leistungsplanung) ergeben sich Schwierigkeiten und Kritiken beim Umfang, beim Inhalt und beim Ausfüllen – die Klienten müssen die Dokumente unterschreiben und können überfordert sein, da eine leichte Sprache für dieses Klientel nicht gegeben ist und das Dokument in einigen Punkten dann sehr schwer verständlich ist – die Probleme sind den Fachverwaltungen im Senat bekannt.

THFD Jug

  • Das TIB ist derzeit durch die Vorgaben und Entwicklung des Instruments durch die SenIAS nicht an den Bereich Kinder- und Jugendliche angepasst, was die Anwendung im THFD Jug erschwert.
  • Der Umfang des TIB erschwert die Anwendung im Gespräch und bindet zeitliche Ressourcen der Teilhabeplanenden in einem sehr hohen Maß
    • Die Gespräche sind am TIB orientiert (Items des TIB werden abgefragt), jedoch würde bei Einhaltung der regulär angedachten Prozessabläufe der bürokratische Aufwand (TIB verschriftlichen) den Prozess der Umsetzung der Hilfe unnötig verzögern.
    • Das Ausfüllen des TIB in schriftlicher Form führt aktuell zu einem Rückstau der gesamten Arbeitsprozesse.
    • Hilfen werden auch ohne Verschriftlichung des TIB eingesetzt.
  • Es wird das TIB nicht bei allen umgesetzten Leistungen ausgefüllt (z.B. Beförderung Kita/Schule, Hilfsmittel und Einmalleistungen, Leistungen die im Rahmen von Kinderschutz zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung erbracht werden – Unterbringung in einer Einrichtung nach SGB IX).
  • Bisher wurde das TIB von den gesetzlichen Vertretungen der Leistungsberechtigten Kinder/Jugendlichen nicht eingefordert.

Frage 6: Wie lang ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Anträgen aktuell (unterteilt in Neufälle und Weiterführung von Hilfen)?

THFD Soz
Für die Verlängerung bei Bestandsfällen gilt, dass hier bei rechtzeitigem Vorliegen der Berichte von den Leistungserbringern zeitnah evaluiert werden kann und eine neue Kostenübernahme und ein neuer Leistungsbescheid erteilt werden kann. Nach der Übergangslösung zum Berliner Rahmenvertrag, sollen die Leistungserbringer 12 Wochen vor Ablauf der Bewilligung berichten. Wird das eingehalten, kann nahezu nahtlos die Bewilligung erfolgen.

Die Bearbeitungszeit unterscheidet sich in Einzelfällen erheblich und kann nicht durchschnittlich benannt werden.

Bei Neufällen liegt die Bearbeitungszeit zwischen 6 Monaten und 2 Jahren (von der Antragstellung bis zur Bewilligung).

Es muss unterschieden werden zwischen den Klienten mit einer geistig/körperlichen Beeinträchtigung und den Sucht- und/oder psychisch Erkrankten.

Der Bearbeitungsprozess bei den geistig/körperlich beeinträchtigen Klienten verläuft schneller, da diese Personen nicht unter die Pflichtversorgung des Bezirks fallen und sich somit in ganz Berlin die geeignete Maßnahme suchen können. Die Begutachtung durch den Sozialpsychatrischen Dienst (SpD) dauert im Schnitt 3 – 4 Monate.

Für den Personenkreis, der unter den Pflichtversorgungsauftrag des Bezirkes fällt (psychisch Kranke und Suchtkranke), dauert der Prozess von der Antragsstellung bis zur Versorgung deutlich länger – bis zu 10 Monaten. In Einzelfällen ist eine Bearbeitungszeit von mehr als 1 Jahr anzusetzen.

Die Begutachtung beim SpD dauert durchschnittlich 3 – 4 Monate, dann erfolgt die Bedarfsermittlung mit dem TIB mit anschließender Anmeldung zur Steuerungsrunde Psychiatrie/Sucht (1 – 2 Monate), die Versorgung und das Finden eines geeigneten Leistungserbringers ist abhängig vom Vorrücken auf der der langen Warteliste (auch hier 2-4 Monate).

Abstimmungen mit anderen Rehaträgern zu vorrangigen Leistungen sind kompliziert und es besteht hier wenig Erfahrungswissen zum Leistungsportfolio.

Der Umfang und die Dauer der Bedarfsermittlung im Bereich Teilhabeplanung variieren ebenfalls stark in Abhängigkeit vom Krankheitsbild (erschwerte Mitwirkung, mehrere Gesprächsangebote, zwischenzeitliche Krisen und Klinikaufenthalte etc.).

Bei Bestandsfällen liegt die Bearbeitungszeit zwischen 1 Monat und bis zu 10 Monaten. Es besteht das Bemühen, die Fälle innerhalb von ca. 12 Wochen zu bearbeiten und somit eine nahtlose Folgebewilligung nach Auslaufen der bestehenden Kostenübernahmen zu ermöglichen.

Die Bearbeitungsdauer ist stark abhängig von der rechtzeitigen Einreichung des Berichtes des Leistungserbringers für den vorangegangenen Leistungszeitraum sowie der Notwendigkeit der Begutachtung beim Sozialpsychiatrischen Dienst, um den Anforderungen des SGB IX zu genügen oder dem Wunsch nach einem Wechsel des Leistungserbringers (siehe oben).

THFD Jug

  • Neuanträge benötigen in der Bearbeitung von Feststellung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit bis zur Leistungsgewährung/Bescheiderteilung durchschnittlich 10,5 Monate
    • die Diskrepanz ist abhängig von der Begutachtungsdauer durch das Gesundheitsamt (Feststellung der sachlichen Zuständigkeit bzw. Anspruchsvoraussetzung) und der Dauer der Akquirierung von Leistungserbringenden
  • Weiterführung von Hilfen ca. 4,5 Monate (bei rechtzeitiger Antragstellung durch die gesetzliche Vertretung der/des Leistungsberechtigten wird die Leistung unabhängig von der Bearbeitungsdauer bis zur Bescheiderteilung nahtlos fortgesetzt)
    • Kann der Leistungserbringende die Leistung nicht fortsetzen, dauert es durchschnittlich 6 Monate (stationäre Hilfen brauchen hier deutlich länger als ambulante), um einen neuen Leistungserbringenden zu akquirieren

Frage 7: Wie schnell geht der Wechsel der Zuständigkeit vom THFD Jug zum THFD Soz vonstatten?

THFD Soz

Wenn der Teilhabefachdienst Jug des abgebenden Bezirksamtes die Regelungen des gemeinsamen Rundschreibens Jug/Soz, RS Nr. 1/2021 umsetzt, verläuft der Prozess reibungslos. Erfahrungsgemäß verzögert sich dieser, da Mitarbeitende des THFD Jug mitunter über keine Kenntnis zum Rundschreiben verfügen oder dies nicht umsetzen. Das entspricht auch den Erfahrungen in anderen Bezirken.

Der THFD Jug soll bei beabsichtigter Überleitung so schnell wie möglich die Überleitung anzeigen, 1 Jahr vor der geplanten Überleitung, spätestens jedoch 6 Monate vorher.

Im Bezirk besteht weiterführend eine Kooperationsvereinbarung mit dem Jugendamt, um die Überleitung innerbezirklich besser zu steuern. Eine Überleitung von 6 Monaten ist aufgrund der oben beschriebenen Versorgungssituation im Bereich der psychiatrischen Versorgung oftmals nicht ausreichend.

THFD Jug

  • Unterschiedlich, je nach personellen Ressourcen des abgebenden und annehmenden THFD und je nach Möglichkeiten der Einhaltung der Berliner Vereinbarungen (6 Monate vor Volljährigkeit erfolgt die Anmeldung vom THFD Jug gegenüber dem THFD Soz – bei Antragstellung unter 6 Monaten vor Volljährigkeit kann dies nicht eingehalten werden).
    • bezirksintern i.d.R. innerhalb der Frist von 6 Monaten
    • bezirksübergreifend 6-9 Monate
    • bei Zuständigkeitskonflikten (Pflegefamilie gem. § 80 SGB IX außerhalb Berlins) u.a. 2 Jahre und länger

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