Mehr Frauen in Aufsichtsräten und mehr Schutz für Kleinanleger. Endlich werden diese Forderungen auf europäischer Ebene umgesetzt. Dazu zwei Pressemitteilungen von Rebecca Harms (Vorsitzende der Europäischen Grünen Fraktion im Europäischen Parlament) und Sven Giegold (finanz-und wirtschaftsplitischer Sprecher der Europäischen Grünen Fraktion im Europäischen Parlament)
Frauen in Führungspositionen
EU-Abgeordnete stimmen für Frauenquoten in Aufsichtsräten und setzen damit den Europäischen Rat unter Zugzwang
Das Europäische Parlament hat heute einen Gesetzesvorschlag angenommen, der verbindliche Regeln zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten anstrebt. Gleichzeitig werden bei den Koalitionsverhandlungen ähnliche Vorschläge diskutiert, was auf eine endgültige, EU-weite Regelung hoffen lässt, hatte die deutsche Bundesregierung doch lange blockiert. Nach der Abstimmung erklärte die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA, Rebecca Harms:
„Die Abstimmung ist ein wichtiger Schritt hin zu einer EU-weiten und verbindlichen Quote für Frauen in Aufsichtsräten. Nun müssen die EU-Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat folgen. Dass die deutsche Bundesregierung offenbar ihre Blockadehaltung aufgegeben hat, lässt auf eine rasche Einigung hoffen.
Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass die Selbstverpflichtung von Unternehmen in absehbarer Zeit zu keinen wesentlichen Verbesserungen führen wird. Die heute verabschiedete Gesetzgebung bedeutet, dass Unternehmen ihre Auswahl- und Einstellungsverfahren anpassen müssen, um den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten auf mindestens 40 Prozent zu erhöhen. Andernfalls drohen Sanktionen.
Trotz aller Lippenbekenntnisse sind Frauen in den Führungspositionen der großen europäischen Unternehmen noch immer wenig vertreten. Der Anteil der Frauen in den obersten Entscheidungsgremien von börsen-notierten Unternehmen liegt lediglich bei 16,6 Prozent. Der Grund ist nicht ein vermeintlicher Mangel an qualifizierten Frauen, zumal 60 Prozent der Universitätsabsolventen in der EU weiblich sind, sondern am mangelnden Willen der Unternehmen. Verbindliche Verpflichtungen haben sich bereits in mehreren Mitgliedsstaaten als erfolgreich erwiesen. Nun ist es an der Zeit, auf diesem Erfolg aufzubauen und eine verbindliche EU-weite Gesetzgebung einzuführen.”
Verständliche Information für Kleinanleger
EU-Parlament fordert EU-Siegel für nachhaltige Geldanlagen und vergleichbare Informationen für alle Anleger
Die EU-Abgeordneten haben heute über die Verordnung zu Basisinformationsblättern für Anlageprodukte (PRIPS, Berès-Bericht) abgestimmt. Ziel der Verordnung ist ein EU-weiter rechtlicher Rahmen für Dokumente, die KleinanlegerInnen Informationen zu Finanzprodukten bereitstellen. Sie gelten insbesondere für Investmentfonds, Zertifikate, Kapitallebensversicherungen, private Rentenversicherungen und Unternehmensanleihen. Auch der Europäische Rat hat bereits seine Position verabschiedet, sodass die Trilogverhandlungen beginnen können. Zum Abstimmungsergebnis erklärt Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher und Schattenberichterstatter der Grünen im Europaparlament:
“Die heute verabschiedeten Regeln für Kurzinformationen verschaffen PrivatanlegerInnen mehr Durchblick und eine bessere Vergleichbarkeit von Finanzprodukten. Im Dschungel der Anlageprodukte bekommen sie einen prägnanten und einheitlichen Wegweiser an die Hand, der unterschiedliche Geldanlagen vergleichbar macht. Die Informationspapiere verdeutlichen Chancen, Risiken und Kosten wichtiger Finanzprodukte und stärken so den Wettbewerb im Interesse der Anlegerinnen und Anleger. Das Dokument verhindert, dass bestimmte Anlageprodukte wegen langatmiger Info-Zettel im Beratungsgespräch auf dem Abstellgleis landen, während vergleichbare Produkte mit kürzerem Informationsblatt als einfacher und weniger riskant wahrgenommen werden.
Auf Vorschlag der Grünen fordert das Europaparlament ein Siegel für nachhaltige Geldanlagen. Damit könnte der wachsende Markt für ethische Investitionen einen großen Schub bekommen. Wie bei Biolebensmitteln soll ein Label den verbreiteten Missbrauch mit blumigen Worten wie “ethisch verantwortlich”, “grün” oder “alternativ” beenden. Die EU-Kommission würde danach den klaren Auftrag bekommen, europaweite Standards für ein Gütesiegel zu entwickeln. Die breite parlamentarische Zustimmung ist auch ein deutlicher Wink an die Bundesregierung, die sich bei den Ratsverhandlungen dafür eingesetzt hat, dass keine Hinweise zur Nachhaltigkeit im Infodokument auftauchen sollen.
Darüber hinaus bringt das Informationsblatt Licht ins Dickicht der als Kleinanleger-Produktegetarnten Geldanlagen. Das Dokument enthält deshalb einen Warnhinweis für besonders komplexe Produkte, um Kleinanleger auf die Gefahren hoher Komplexität hinzuweisen, ohne ihre Auswahlmöglichkeiten zu beschränken. Zudem müssen die Hersteller zukünftig nachweisen, dass Finanzprodukte den Bedürfnissen der Konsumenten dienen. Dies weist die Verschleierungstaktik der Investmentfirmen in ihre Grenzen.
Mehr Durchblick auch bei den Kosten: Das Informationsblatt legt alle Abschluss- und Folgekosten offen. Eine jährliche Übersicht zur Wertentwicklung des Produkts zeigt, wie sich die eigene Geldanlage im Vergleich zu ähnlichen Produkten entwickelt (1).
Außerdem geht das Europaparlament den Irrläufern und Blendern unter den Finanzprodukten an den Kragen. Die europäischen Aufsichtsbehörden können zukünftig Finanzprodukte aus dem Verkehr ziehen, welche die Stabilität der Finanzmärkte oder den Anlegerschutz gefährden.”
(1) Der Vorschlag einer jährlichen Übersicht zur Wertentwicklung der eigenen Geldanlage im Vergleich zu Konkurrenzprodukten geht zurück auf eine Idee von Prof. Roman Inderst von der Frankfurt School of Finance, die wir eingebracht haben.
Welche Vorteile für Kleinanleger bringt der heutige Beschluss des Europaparlaments auf den Weg:
– Ein kurzes Informationsdokument, das die zentralen Merkmale (z. B. Ertrag und Risiko) wichtiger Anlageprodukte (Fondsprodukte, Zertifikate Lebensversicherungen, Unternehmensanleihen) veranschaulicht und vergleichbar macht.
– Entwicklung eines Siegels für nachhaltige Geldanlagen, das auf europaweit einheitlichen Standards basieren soll
– Hinweis auf komplexe Anlageprodukte, ohne die Wahlfreiheit des Anlegers einzuschränken
– Übersicht zu sämtlichen mit dem Anlageprodukt verbundenen Kosten und eine jährliche Übersicht zur Wertentwicklung der eigenen Geldanlage im Vergleich zu Konkurrenzprodukten
– Sanktionsmöglichkeiten für die europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden, wenn Finanzprodukte die Stabilität der Finanzmärkte und den Verbraucherschutz bedrohen
– Hersteller von Finanzprodukten müssen zukünftig den Kundennutzen der Produkte gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen
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