Unsere Bündnisgrüne Verordnete Chantal Münster wollte in einer Anfrage an das Bezirksamt u.a. wissen welche Hilfestrukturen es im Bezirk gibt für Frauen, die im rechtsextremistischen Umfeld häusliche Gewalt erleben und welche Beratungsangebote es zum Thema gewaltbereiter Extremismus gibt. Die ausführlichen Antworten finden Sie hier:
Frage 1: Welche bezirklichen Träger, die Beratungsangebote zum Thema gewaltbereiter Extremismus in ihrem Portfolio haben, sind dem Bezirksamt bekannt?
Im Bezirk ansässige Projekte, die sich gezielt der benannten Thematik widmen, sind dem Bezirksamt nicht bekannt. Allerdings können die Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf (pad gGmbH) mit ihrer Fachexpertise zum Thema „extreme Rechte“ sowie die Registerstelle Marzahn-Hellersdorf (Stiftung SPI) jederzeit zur fachlichen Beratung bzw. Weitervermittlung an entsprechende Expertinnen und Experten angefragt werden.
Der u.a. in Marzahn-Hellersdorf ansässige Träger pad gGmbH hat in seinem Demokratiebereich zwei Beratungsprojekte zu Verschwörungstheorien und extreme Rechte: Das berlinweite Projekt „entschwört“ bietet Beratung für Menschen, die in ihrem Umfeld verschwörungsideologische Aussagen wahrnehmen und einen Umgang damit finden möchten. Zudem werden Weiterbildungen für Fachpersonal zur Thematik angeboten. Das ebenfalls berlinweite Projekt „Eltern stärken“ bietet Beratung für Eltern extrem rechter Kinder sowie für Fachkräfte, die mit diskriminierenden bzw. extrem rechten Eltern konfrontiert sind.
Die Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf kooperiert eng mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (Verein für Demokratische Kultur. In Berlin e.V.), der Amadeu-Antonio-Stiftung sowie dem Mobilen Beratungsteam Berlin – für Demokratieentwicklung (Stiftung SPI) und vermittelt bzw. koordiniert bedarfsweise Kontakte im Sinne der Fragestellung.
Eine Liste weiterer derartiger in Berlin ansässiger Projekte finden sich auf der Website der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS). Exemplarisch seien „Crossroads – Ausstieg aus dem Rechtsextremismus“, Ufuq e.V. (engagiert bzgl. Pädagogik, politischer Bildung und Prävention in der Migrationsgesellschaft) sowie das Institut für genderreflektierte Gewaltprävention (IFGG) genannt. Letzteres ist Teil des Kompetenznetzwerkes „Islamistischer Extremismus“ und bietet u.a. ein Coaching für Eltern in Haft an, „die rechtsextreme Haltungen und Überzeugungen haben, evtl. selbst radikalisierten Gruppen angehören und bei denen davon auszugehen ist, dass sie bewusst bzw. gezielt oder auch unreflektiert ihre Überzeugungen an ihre Kinder weitergeben“ (http://www.ifgg-berlin.de/praefix-r-plus-und-praefix-r-berlin).
Zudem gibt es die zum „Violence Prevention Network“ gehörende „PREVENT – Beratungsstelle Berlin“, die umfassende Maßnahmen der spezifischen Prävention, der Intervention und der Deradikalisierung im Bereich des religiös begründeten Extremismus anbietet.
Frage 2: Inwiefern wird bei bestehenden Beratungsangeboten die Perspektive von Frauen beachtet?
Zu den in der Antwort zu Frage 1 benannten Projekten können keine Aussagen bezüglich der Berücksichtigung der Perspektive von Frauen getroffen werden. Es wird in diesem Zusammenhang jedoch darauf verwiesen, dass vielfach die Dimension „Geschlecht“ besonders berücksichtigt wird. Exemplarisch seien folgende Dinge benannt:
Prof. Dr. Esther Lehnert von der Alice-Salomon-Hochschule Berlin ist Beraterin der berlinweiten „Fachstelle Gender und Rechtsextremismus“ der Amadeu-Antonio-Stiftung. Ihre Expertise wird neben ihrem akademischen Wirken u.a. durch Kooperationen mit der Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf und dem Bündnis für Demokratie und Toleranz Marzahn-Hellersdorf in den Bezirk eingebracht.
Die bundesweit agierende „Fachstelle Rechtsextremismusprävention“ (fa:rp) widmet sich dem Thema „Gender und extreme“ Rechte und betrachtet in diesem Rahmen u.a. geschlechtsspezifische Formen der Beteiligung, ebenso wie geschlechtsspezifische Aufgabenverteilungen und Themenbesetzungen.
Der Bundesverband Mobile Beratung e.V. (BMB) verfügt über eine „AG Antifeminismus“. Am 17. und 18.10.2022 fand eine von der Amadeu-Antonio-Stiftung, Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. und dem Gunda-Werner-Institut organisierte Netzwerktagung zum Thema „Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken“ statt, zu der u.a. die o.g. Arbeitsgruppe Beiträge lieferte.
Am 10. und 11.11.2022 findet die Fachtagung „Nichts als Krise(n)? – Jugendarbeit in Zeiten vielfältiger gesellschaftlicher Herausforderungen“ statt, bei der es u.a. einen Beitrag zum Thema „Geschlechterreflektierte Pädagogik als Prävention von bzw. Stärkung gegen Demokratiefeindlichkeit und Rechtsextremismus“ von Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. geben wird.
Frage 3: Welche Hilfestrukturen gibt es im Bezirk für Frauen, die im rechtsextremistischen Umfeld häusliche Gewalt erleben?
Die Hilfestrukturen für häusliche Gewalt in Berlin stehen allen Frauen offen, die häusliche Gewalt erleben. Im Bezirk berät das Frauenzentrum Matilde und die Beratungsstelle im Eastgate (beim Frauentreff HellMa) betroffene Frauen. Die Beratungsstellen stehen grundsätzlichen allen hilfesuchenden Frauen offen, dabei wird jeder Beratungsfall individuell betrachtet und je nach Situation entschieden.
Alle Frauenberatungs- und Interventionsstellen beraten zu häuslicher Gewalt – unabhängig vom Kontext, in dem diese stattfindet, da nach Kenntnis der Fachstellen sowohl Ausübung häuslicher Gewalt als auch der Umgang der Betroffenen damit meist den gleichen Mechanismen folgt. Spezielle Angebote für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen in einem extrem rechten Umfeld gibt es nach Kenntnis der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG e.V.) nicht. Es empfiehlt sich deswegen bei Bedarf eine Zusammenarbeit mit den in der Antwort zu Frage 1 benannten Projekten und/oder der Polizei.
Bei der Unterbringung der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen in einem extrem rechten Umfeld in Frauenhäusern oder anderen Einrichtungen treten vereinzelt Probleme mit Rassismus gegenüber anderen dort untergebrachten Frauen auf, auf die die jeweiligen Einrichtungen individuell reagieren und ggf. alternative Unterbringungsmöglichkeiten nutzen. Aufgrund der mangelnden Ausstattung an Plätzen erweist sich dies jedoch als sehr schwierig.
Frage 4: Inwiefern sind die Frauenprojekte des Bezirkes auf diese besondere Lage von Frauen eingestellt?
Alle Frauenprojekte im Bezirk sind auf die besondere Lage von Frauen eingestellt.
Frage 5: Wie bewertet das Bezirksamt die Einrichtung von Beratungs- und Informationsangeboten zum Thema rechtsextremer Gewalt gegen Frauen entsprechend der DS 2493/VIII?
Die in der Fragestellung genannte Drucksache wurde von der Bezirksverordnetenversammlung (noch) nicht beschlossen. Vgl. darüber hinaus Antwort zu Frage 6.
Frage 6: Wie bewertet das Bezirksamt die Entwicklung einer bezirkseigenen Ausstiegsberatung aus dem gewaltbereiten Extremismus (Rechtsextremismus, Islamismus) explizit für Frauen?
Angesichts der Tatsache, dass nach dem vorliegenden Erkenntnisstand keine erkennbare Notwendigkeit für eine bezirkseigene Ausstiegsberatung aus dem gewaltbereiten Extremismus explizit für Frauen besteht und im Zweifelsfall auf die in den Antworten zu Frage 1, 2 und 3 benannten Ressourcen zurückgegriffen werden kann, plant das Bezirksamt gegenwärtig nicht, eine Ausstiegsberatung im Sinne der Fragestellung zu implementieren.
Frage 7: Welche Träger im Bezirk Marzahn-Hellersdorf könnten dies nach Einschätzung des Bezirk-samtes leisten?
Vgl. Antwort zu Frage 6.
Frage 8: Wie wird die Sicherheitsgefahr, die von gewaltbereiten, extremistischen Frauen ausgeht, vom Bezirksamt und von der hier ansässigen Polizeidirektion eingeschätzt?
Da dem Bezirksamt keine verlässlichen Informationen und Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vorliegen, kann diesbezüglich keine faktengestützte seriöse Einschätzung vorgenommen werden. Darüber hinaus sind die lokalen Polizeidirektionen nicht befugt, ihnen in diesem Kontext zur Verfügung stehende Informationen und Erkenntnisse weiterzugeben. Es kann daher lediglich auf allgemein zugängliche Quellen verwiesen werden (wie z.B. einem Online-Artikel der Heinrich-Böll-Stiftung: https://www.gwi-boell.de/de/2021/04/14/antifeminismus-gewaltbereiter-rechtsextremismus-und-geschlecht), auch wenn diese nicht dezidiert die bezirkliche Ebene von Marzahn-Hellersdorf beleuchten.



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